An die Verantwortlichen von damals – und an uns alle
Meine Schwester Ulla starb mit nur 60 Jahren.
Sie war Mutter, Schwester, Freundin, Herzmensch.
Und während sie im Krankenhaus lag und dem Tod entgegenging, wollte man uns verbieten, bei ihr zu sein.
Doch ich habe damals die Tür geöffnet.
Ich habe dafür gesorgt, dass ihre Tochter – Ullas einziges Kind – an ihrer Seite bleiben konnte, bis zum letzten Atemzug.
Denn ich wusste: Hier zählt nicht ein Paragraph, hier zählt nur die Liebe.
Hätte ich das nicht getan, wäre meiner Nichte die letzte Nähe zu ihrer Mutter genommen worden. Und ich sage es deutlich: Ich hätte das Krankenhaus eher Stein für Stein abgerissen, als diesen Unfug hinzunehmen.
Bei der Beerdigung dagegen standen wir, wie so viele andere Familien, getrennt und distanziert. Masken verbargen die Tränen, Umarmungen waren verboten.
Als wäre Nähe gefährlicher als Kälte.
Als wäre Liebe eine Bedrohung.
Das war nicht Menschlichkeit. Das war nicht Schutz.
Es war ein Verrat an der Menschenwürde.
Und ich weiß: Uns erging es nicht allein so.
Tausende Familien in Deutschland haben Gleiches erlebt. Sie wurden gezwungen, ihre Liebsten im Sterben allein zu lassen oder Abschied nur auf Abstand zu nehmen. Das Leid, das dadurch entstanden ist, wird uns ein Leben lang begleiten.
Darum fordere ich heute eine öffentliche Entschuldigung –
von jenen, die diese Gesetze erließen,
und von jenen, die sie ohne Herz, ohne Fragen, ohne Mut befolgten.
Denn es geht um mehr als um Vergangenheit.
Es geht um eine Mahnung:
Wir dürfen niemals aufhören zu hinterfragen.
Wir dürfen niemals aufhören, Nein zu sagen,
wenn Vorschriften den Menschen vergessen
und die Menschenwürde unter Paragrafen begraben wird.
Mögen wir lernen, damit wir uns nicht wieder verirren.
Mögen wir mutiger werden –
und menschlicher.
Im Namen meiner Schwester Ulla –
und im Namen all jener Familien, die einsam und würdelos Abschied nehmen mussten.